Von John Osmani
Wie jedes Jahr ein Vogel des Jahres gewählt wird, wird auch eine Spinne des Jahres proklamiert.
Da dies immer erst am Ende des Jahres geschieht, möchte ich hier die Spinne des Jahres 2016 kurz vorstellen.
78 Arachnologen aus 26 Ländern waren einer Meinung: Die Konusspinne Cyclosa conica ist aufgrund ihrer außergewöhnlichen Anatomie, und als ein eher unbekannter Vertreter aus der Familie der Radnetzspinnen,
der ideale Kandidat um zur Spinne des Jahres gekürt zu werden.
In der Tat ist die Konusspinne den meisten Menschen hierzulande eher unbekannt. Obwohl sie in ihrer Erscheinung einzigartig und bei genauem Hinsehen auch sehr auffällig ist. Aber warum ist sie so unbekannt? Dies liegt wohl in erster Linie an ihrer Lebensweise, denn sie ist ein Meister der Tarnung und wird oftmals schlicht übersehen.
Genau wie unsere einheimischen Kreuzspinnen wohnt die Konusspinne in einem Radnetz, das sie im Grunde niemals verlässt, es sei denn, sie baut sich ein Neues. Die Spinne selbst sitzt dabei aber nicht wie die Kreuzspinne gut sichtbar in der Netzmitte, sondern sie umgibt sich nach oben und nach unten mit einem sogenannten „Stabiliment“. Dies besteht aus einem dicht gesponnenen Band, das sich durch die Netzmitte zieht. Darin eingewoben befinden sich Pflanzen- und Beutereste. Und zwischen diesen ist die sich dort befindende Spinne nahezu unsichtbar. Wenn man also nicht gerade gezielt auf der Suche nach der Konusspinne ist, wird man sie im Grunde nie entdecken. Und damit hat die Spinne ihr Ziel dann im Grunde auch erreicht, denn diese sehr versteckte Lebensweise dient der Tarnung und damit dem Schutz vor Feinden.
Anatomisch ist diese Spinnenart unverwechselbar, denn sie besitzt, wie der Name schon andeutet, einen konusförmigen Höcker am Hinterleib. Die Weibchen werden mit 6-8 mm und die Männchen mit 4-5 mm, nicht gerade riesig. Auch dies trägt dazu bei, dass sie oftmals übersehen wird. Die Färbung der Tiere ist sehr kontrast-reich dunkel-braun mit weißen Fleckenzeichnungen. Diese Färbung verstärkt die Tarnwirkung der Spinne,
wenn sie im Stabiliment zwischen den Pflanzen- und Beuteresten sitzt. Sie ernährt sich meist von kleinen Fliegen und anderen Fluginsekten, die in ihrem Lebensraum vorkommen. Besiedelt werden bevorzugt Nadelwälder, und zwar oftmals hoch oben in den Bäumen. Ein weiterer Grund, warum man sie so selten zu Gesicht bekommt. Vereinzelt kommen sie aber auch auf Trockenrasen vor.
Die Konusspinne besitzt ein recht großes Verbreitungsgebiet, welches die gesamte Holarktis umspannt.
Sie kommt daher in ganz Europa vor, wird aber nur verstreut nachgewiesen, was sicherlich auch an ihrer recht versteckten Lebensweise liegt. Es lohnt sich also mal genauer hinzuschauen, wenn man in Nadelwäldern unter-wegs ist. Und wenn man diese kleine hübsche Spinne dann einmal in ihrem Netz entdeckt hat, dann kann man sie auch relativ leicht aus ihrem Tarnversteck rauskitzeln. Dazu genügt es, mit einem Grashalm an einem der äußeren Radnetzfäden zu zupfen. Dieser vermeintliche Beutereiz verleitet die Konusspinne oftmals dazu, ihr Tarnversteck im Stabilement zu verlassen und sich dorthin zu bewegen, wo das Zupfen herkommt. Sobald sie allerdings merkt, dass es kein Beutetier ist, das sich dort bewegt, schmiegt sie sich wieder ganz schnell zwischen die Pflanzen- und Beutereste ihres Stabiliments und verharrt dort regungslos, gut getarnt und unsichtbar, so wie die Evolution ihr es beigebracht hat.