Lautlos und pfeilschnell

 

Von Paul Schnitzler

 

Ein kurzes Huschen, vielleicht einen leisen Flügelschlag oder ein paar Kotkrümel auf der Fensterbank - das ist alles, was die meisten Menschen von Fledermäusen je mitbekommen. Und doch ist zumindest dem Namen nach eine Art im Rhein-Erft-Kreis auch denen ein Begriff, die sich wenig mit der Natur befassen: Die Bechsteinfledermaus, Dreh- und Angelpunkt vieler Diskussionen rund um den Hambacher Forst und den Kohleausstieg.

 

Dabei ist die Bechsteinfledermaus nur eine von weltweit rund 1.200 Arten, die von Zoologen in der Ordnung der "Handflügler" zusammengefasst werden. Allen ist Eines gemeinsam: Sie sind die einzigen Säugetiere, die zum aktiven Flug befähigt sind. Und genau das macht sie zu einer sehr erfolgreichen Tiergruppe. Immerhin stellt sie nach den Nagetieren mit weitem Abstand die Säugergruppe mit den meisten Arten dar. 

 

Ihre nächtliche Lebensweise war den Menschen jahrhundertelang mehr als suspekt. Kein Wunder also, dass Fledermäuse in die Nähe von Teufel, Vampiren und anderen Untoten rückten. Scheinbar lautlos und pfeilschnell im Stockfinstern umherfliegen, dabei „warst wendig und niemals irgendwo anstoßend? Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen, hier musste der Leibhaftige die Finger im Spiel haben. Doch schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entdeckte Lazzaro Spallanzani, dass es eine naturwissenschaftliche Erklärung für dieses Phänomen gibt: Die Orientierungsfähigkeit der Fledermäuse hat etwas mit den Ohren zu tun. Es dauerte allerdings noch bis Ende der 1930er Jahre, bis eine vollständige Lösung des Rätsels erfolgte. Denn erst da wies Donald R. Griffin die Echoortung mittels Ultraschall bei Fledermäusen nach.

 

Ach ja, wo die Vampire doch schon erwähnt wurden: Es gibt sie wirklich! Drei mittel- und südamerikanische Fledermausarten ernähren sich tatsächlich von Blut. Aber eben nur diese drei. Die Nahrung der restlichen Arten ist ausgesprochen vielfältig. Von Nektar-, Frucht- und Pollenfressern über Insekten-, Frosch- oder Fischjägern bis hin zu Arten, die sich von Kleinsäugern ernähren ist da so einiges dabei. Hier in Europa stehen nahezu ausschließlich Insekten und andere Kerbtiere auf dem Speiseplan der Fledermäuse. Allerdings verschmähen Wasserfledermäuse auch Fischbrut nicht und der südeuropäische Riesenabendsegler geht zumindest während der Zugzeiten regelmäßig auf die Jagd nach Kleinvögeln bis Rotkehlchengröße! 

 

Da die mitteleuropäischen Arten allesamt Insekten oder andere Kerbtiere fressen, haben sie im Winter ein Problem: Es gibt kaum Futter. Und so bleibt den Fledermäusen die Wahl zwischen zwei Strategien. Entweder ziehen sie wie die Zugvögel zur Überwinterung in tropische Gefilde. Oder sie bleiben vor Ort und halten Winterschlaf. Und genau das tun sie. Mit Beginn der kalten Jahreszeit suchen sie sich Verstecke, in denen sie vor Wind und Wetter gut geschützt die Zeit bis zum Frühjahr überdauern können. Dabei wird der Stoffwechsel extrem verlangsamt. Die Tiere kühlen ihren Körper auf Temperaturen knapp über der Umgebungstemperatur herunter und sparen dadurch sehr viel Energie. Nur so können sie mit dem kleinen Fettpölsterchen die lange Winterzeit überstehen. Das funktioniert aber nur dann, wenn die Umgebung auch wirklich kühl genug ist. Außerdem sind eine hohe Luftfeuchtigkeit und Frostsicherheit wichtig, denn sonst vertrocknen oder erfrieren die Tiere. Feuchtkalte Höhlen oder alte Keller bieten daher vielen Fledermausarten ein sicheres Winterquartier. Im Sommer hingegen haben Fledermäuse es gerne warm und trocken. Nicht umsonst sind zum Beispiel die geräumigen Dachstühle von Kirchen, Burgen und Schlössern bei vielen Arten sehr begehrte Sommerquartiere. Neben den klimatischen Bedingungen stimmt es auch mit der Ruhe, denn wann ist schon mal jemand auf solch einem Dach?

 

Über die Vorkommen, Verbreitung und Häufigkeit der Fledermäuse im Rhein-Erft-Kreis ist nicht viel bekannt, denn systematische Kartierungen wurden bisher nicht durchgeführt. Lediglich Zufallsfunde von Quartieren, verletzten oder geschwächten Tieren sowie in zunehmender Zahl auch Daten aus Gutachten, die im Zuge von Bauvorhaben erstellt werden (müssen), geben ein wenig Auskunft. Damit kann zumindest schon mal eine Liste der Fledermausarten des Rhein-Erft-Kreises erstellt werden. Etwa die Hälfte der in NRW nachgewiesenen 23 Arten wurden bisher hier gefunden! Vielleicht gelingt es ja, zukünftig Daten über das Vorkommen von Fledermäusen zu sammeln und ein genaueres Bild über deren Vorkommen im Rhein-Erft-Kreis zu zeichnen. Jedenfalls würde ich mich über konkrete Informationen freuen!

 

Kontakt:

Paul Schnitzler

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