Schmetterlinge im Rhein-Erft-Kreis

Die Goldene Acht (Colias hyale) - Der Schmetterling des Jahres 2016

Von Karl-Heinz Jelinek

Goldene Acht Foto:  Werner Kunz
Goldene Acht Foto: Werner Kunz

Mit der Goldenen Acht wurde durch die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen und der BUND NRW Naturschutzstiftung eine Art gewählt, die früher charakteristisch für die großflächige Agrarlandschaft war. Vor dem Hintergrund des viel diskutierten Insektensterbens ist es besonders bemerkens-

wert, dass im rheinischen Braunkohlerevier das weit und breit beste Vorkommen dieses Falters in der frühen Phase landwirt-

schaftlicher Rekultivierung zu finden ist.

 

Die Goldene Acht gehört innerhalb der Familie der Weißlinge in die Unterfamilie der Gelblinge. Gelb sind allerdings nur die Männchen, während die Weibchen einen grünlich weißen Farbton aufweisen. Die Größe der Falter entspricht etwa dem Kleinen Kohlweißling. Die namensgebende „goldene Acht“ auf der Hinterflügel-Unterseite ist kein Bestimmungskriterium, weil diese Zeichnung auch bei anderen Arten aus dieser Gattung vorkommt. Im Rhein-Erft-Kreis besteht grundsätzlich eine Verwechslungsgefahr mit dem Wander-Gelbling oder Postillon. Aber auch die Goldene Acht neigt zu größeren Wanderungen und ist damit an unregelmäßig auftretendes Offenland angepasst.

 

In einer Landschaft, die als ursprüngliches Waldland bezeichnet werden kann, fragt man sich, ob eine solche Art des Offenlandes hier überhaupt eine Existenzrechtfertigung haben sollte. Sollten wir unsere Schutzbemühungen nicht vielmehr auf die typischen Waldarten beschränken?


Mitteleuropa wird bereits seit der Eiszeit zunehmend durch menschliche Siedlungen geprägt, die in den letzten 2000 Jahren einen immer größeren Einfluss auf die Landschaftsgestaltung bekommen haben. Das Ergebnis bezeichnen wir heute als Kulturlandschaft, und die traditionellen Ausprägungen dieser Kulturlandschaft werden inzwischen als schützenswert angesehen. Neben dem Anbau von Getreide und Hackfrüchten wurden in dieser Agrarlandschaft auch Futtermittel für das Vieh produziert. Die hierzu oft verwendete Luzerne diente wie alle Leguminosen auch der Stickstoffdüngung der in der Vergangenheit allgemein eher nährstoffarmen Böden. Insbesondere Luzerne, aber auch andere Schmetterlingsblütler, dienen den Raupen der Goldenen Acht als Futterpflanzen. Die Weibchen der Falter legen ihre Eier besonders gerne an den frischen Trieben der Pflanzen nach der Mahd ab. Die Raupen haben anschließend Zeit, sich während des Wachstums der Pflanzen zu entwickeln. Die Blüten der Luzerne werden später von den Faltern der Goldenen Acht und anderer Schmetterlingsarten als Nektarquelle genutzt.


Aber auch in einem Waldland wie hier in Mitteleuropa gab es ursprüngliche Offenlandstandorte. Dort wo die großen Ströme und Flüsse noch vom Menschen ungebändigt ihren Weg suchten, entstanden durch die Dynamik dieser Fließgewässer Kies- und Sandflächen sowie Abbruchkanten, die für Arten des Offenlandes wie die Goldene Acht Lebensräume boten. Da diese Flächen nur kurzfristig für die Besiedlung durch solche Falter geeignet waren, mussten diese Arten mobil sein und wandern können.

 

Mit der Kanalisierung von Flüssen und Strömen hat der Mensch diese Dynamik und dadurch entstehende Lebensräume vernichtet. Aber er schuf Ersatzlebensräume durch die oben beschriebene Agrarlandschaft und darüber hinaus durch Abgrabungen in Form von Steinbrüchen, Kies- und Sandgruben sowie Tagebaue zur Rohstoffgewinnung.

 

Seit etwa Mitte des 20. Jahrhunderts hat die Agrarlandschaft zunehmend ihre Bedeutung als Ersatzlebensraum eingebüßt. Künstliche Düngung, der Einsatz von Pestiziden und Änderungen in der Bewirtschaftung haben dazu geführt, dass die meisten Arten dort nicht mehr leben können. Umso bedeutender wird dadurch die Rolle der Abgrabungen. Böden, die nicht überdüngt und durch Pestizide beeinträchtigt sind, findet man inzwischen fast ausschließlich im Bereich von Kiesgruben und Tagebauen. Nur noch dort befinden sich im Rhein-Erft-Kreis die Lebensräume der Goldenen Acht. Beständige Vorkommen gibt es sogar nur in der jungen Phase landwirtschaftlicher Rekultivierung der Braunkohletagebaue, wo zur Humusbildung und Düngung der Böden großflächig Luzerne angebaut wird. Zur Flugzeit der 3. Generation kann man dort im September bei günstiger Witterung hunderte von Faltern beobachten.