Ein Tag im  Tierdienst

Der Tierdienst in der Naturschutz- und Landschaftspflegestation des NABU Rhein-Erft

Von Wilfried Riffarth 

 

Die Naturschutz- und Landschaftspflegestation des NABU Rhein-Erft (LPS) ist im Umweltzentrum Friesheimer Busch in Erftstadt stationiert.

Die Zahl ihrer Mitarbeiter schwankt im Laufe des Jahres sehr stark und steigt im Frühjahr sprunghaft an. Neben den rund zwölf ehrenamtlichen Mitarbeitern existiert ein Vielfaches davon an Hauptamtlichen.

 Bei diesen Hauptamtlichen handelt es sich um Walliser Schwarzhalsziegen, die kleinen Skudde-Schafe und die etwas größeren Heidschnucken. Sie arbeiten für die LPS an 365 Tagen im Jahr und sorgen dafür, dass es für die Ehrenamtlichen nicht zu aufwändig wird, den Aufwuchs auf den Pflegeflächen des NABU im Griff zu behalten. Als Entlohnung erhalten sie Kost, Logis und freie Heilfürsorge. Für ihre Betreuung und das Nacharbeiten der Pflegeflächen sind nun wieder die Ehrenamtlichen zuständig.

 

In der Wachstumsperiode des Jahres, wenn die zu pflegenden Flächen ausreichend Grünfutter zur Verfügung stellen, gehen die Tiere in mehreren Herden in den Erftstädter Ortsteilen Lechenich, Ahrem, Bliesheim und Friesheim ihrer Arbeit nach. Für jeden Wochentag ist zur Kontrolle und Betreuung der Herden ein so genannter Tierdienst eingerichtet. Für mich bedeutet das an einem Wochentag 1-3 Stunden ehrenamtliche Arbeit, die zumeist im Friesheimer Umweltzentrum beginnt. In der Hütte der LPS sehe ich auf einer Tafel, wo zur Zeit welche Herden stehen und wie viele Tiere sie umfassen. Nach dem Auffüllen der Wasserkanister geht es mit dem Pritschenwagen des NABU zu den einzelnen Herden. Dort angekommen, wird man angemessen und artspezifisch durch lautes Blöken oder Meckern von den Tieren begrüßt. Oder ist es vielleicht nur der blaue Pritschenwagen, der begrüßt wird?

Nach dem Aussteigen laufen die Tiere oftmals auf mich als Tierdienstler zu, wobei die Schafe in ungefähr 10 Meter Entfernung stehen bleiben und aufmerksam beobachten, was nun geschieht, während die Ziegen nah herankommen und sich einige Streicheleinheiten abholen. Und ob es nun die blaue Pritsche oder der schwarze Hafereimer ist, wird gleichgültig, wenn die Tiere sich um einen scharen, vielleicht sogar anrempeln. 

  • Sind die Tiere vollzählig? Sind alle auf den Beinen?
  • Steht der Elektrozaun? Arbeiten die Zaungeräte korrekt?
  • Ist ausreichend Wasser vorhanden? Wie sieht es mit dem Leckstein aus? Wie lange reicht das Futter auf der gepferchten Fläche noch?

 Je nach Ergebnis dieser Kontrollaufgaben fallen dann weitere Arbeiten an. Der Zaun ist zu richten oder Wasser im Bottich aus dem Vorrat auf der Pritsche zu ergänzen. Unter Umständen hat sich auch ein Schaf in den Brombeerranken verfangen und muss befreit werden, ehe es zur nächsten Herde geht. 


Alle Beobachtungen und alle durchgeführten Aufgaben werden nach Abschluss der Arbeiten in einer Rundmail den anderen Ehrenamtlichen mitgeteilt. So sind der Tierdienstler des nächsten Tages ebenso wie die Arbeitsgruppe, die sich jeden Samstag im Umweltzentrum trifft, auf die anfallenden Arbeiten vorbereitet.

 

Eine besonders spannende Zeit für den Tierdienst ist das Frühjahr, wenn Tag für Tag die Herdengröße durch Geburt der Jungtiere anwachsen kann.

  • Gab es seit gestern neue Geburten? Oder vielleicht sogar in meiner Anwesenheit?
  • Sind Mutter- und Jungtiere fit?
  • Ist das Jungtier von der Mutter angenommen?

 

 

 Da es sich bei den gehaltenen Tieren ausschließlich um alte Nutztierrassen handelt, gibt es zum Glück nur selten Probleme. Sie bleiben das ganze Jahr über im Freien, lediglich bei längeren Schlechtwetterperioden und im Winter werden mobile Unterstände bereitgestellt, die auch gerne von den Tieren angenommen werden.

 

Im Winter, wenn die Wiesen nicht mehr genug Nahrung hervorbringen, müssen Heu und Trockenlaub, das rechtzeitig eingelagert wurde, zugefüttert werden. Den Winter verbringen die Tiere nicht im Naturschutzgebiet, sondern im Umweltzentrum Friesheimer Busch. In dieser Jahreszeit kommen auch die Schafe auf Armlänge heran.

 

Gleichgültig zu welcher Jahreszeit und bei welchem Wetter - die Arbeit im Freien macht großen Spaß, da man immer von den Tieren eine Reaktion erhält.

Als besondere Belohnung empfinde ich das Privileg, zum Tierdienst das abgesperrte Naturschutzgebiet „Ehemaliges Munitionsdepot Friesheimer Busch“ betreten zu können. Wenn man sich während des Tierdienstes etwas Zeit nimmt, kann man vielleicht das Schwarzkehlchen singen hören oder den Neuntöter auf seinem Ansitz beobachten. Man sieht eine Ricke mit ihren Kitzen den Weg queren oder einen Fuchs hinter dem nächsten Erdwall verschwinden. Im Frühjahr blüht die Orchideenwiese, im Herbst färbt die Heide die Wiesenflächen. Das hautnahe Naturerlebnis wiegt die 1-3 Stunden Arbeit wöchentlich dicke auf. Und wer mehr Zeit investieren möchte, hat samstags die Möglichkeit in der LPS mitzuarbeiten.