Im Jahr 2024 ist viel geschehen im Rheinischen Braunkohlerevier im Städtedreieck Köln – Düsseldorf/Neuß – Aachen. Viele Akteure bereiten die Transformation des Reviers für die Zeit nach dem Bergbau vor, wo einerseits viele Arbeitsplätze wegfallen werden, andererseits aber auch Flächen frei werden für Folgenutzungen. Wie schaffen wir es, noch Freiflächen zu erhalten, die nicht industriell, zum Wohnungsbau oder für neue Infrastrukturen genutzt werden? Wir brauchen auch künftig größere, zusammenhängende Flächen, die der menschlichen Erholung dienen, auch weiterhin Platz für Fauna und Flora bieten
Bereits im Jahr 2021 hat sich der „Arbeitskreis Rheinisches Revier“ (AK.RR) des NABU und anderer Naturschutzverbände, unterstützt vom Landesbüro der Naturschutzverbände in Oberhausen gebildet. Es geht uns um das Einbringen unserer Vorstellungen des Naturschutzes in die überabeitete Regionalplanung.
Anhand konkreter Beispiele wurden in 2022 Stellungnahmen für den geänderten Regionalplan Köln erarbeitet zu folgenden Themen:
• Stärkung des Biotopverbundes und regionaler Grünzüge
• Begrenzung neuer Verkehrswege
• Begrenzung des Flächenverbrauchs für Siedlungs- und Gewerbeflächen
• Keine Windkraftanlagen in Wäldern des Rhein-Erft-Kreises, stattdessen Waldvermehrung
• Ausweisung größerer Trinkwasserschutzzonen.
Als nächstes war eine professionelle Studie erforderlich zum verbesserten Biotopverbund im Rheinischen Kohlerevier.
Grundlage hierfür ist weiterhin das „Zielbild Natursystem: bis 2038“, wie es in einem Fachbeitrag der Bezirksregierung Köln publiziert wurde (Bild 1).
Zusammenfassende Studie zum Biotop-Verbundkonzept
Aufbauend auf den genannten Vorarbeiten durch den AK.RR und einer Projektskizze des BUND aus 2021 „Grünes Netz Rheinisches Revier“ wurde bereits in 2022 von den drei anerkannten Naturschutzverbänden in NRW ein „Biotopverbundkonzept für das Rheinische Revier“ in Auftrag gegeben und vom Land finanziell unterstützt.
Initiiert von der NABU-NRW-Vorsitzenden, Dr. Heide Naderer, die zwischenzeitlich in den Vorstand der Zukunftsagentur Rheinisches Revier gewählt worden ist, wurde dieses Biotopverbundkonzept professionell begleitet von der Gesellschaft für Umweltplanung und wissenschaftliche Beratung in Bonn.
Von Dezember 2022 bis Juni 2023 fanden drei Workshops im Revier statt zur Sammlung und Analyse von relevanten Daten und Vorschlägen zum Biotopverbund.
Neben den anerkannten Naturschutzverbänden wurden u.a. das Umweltministerium NRW, das Landesamt LANUV, die zuständigen Dezernate der Bezirksregierungen in Düsseldorf und Köln eingeladen, der Landesbetrieb Wald und Holz NRW, die Landwirtschaftskammer NRW, die Unteren Naturschutzbehörden und die Biologischen Stationen der Region, auch RWE und die Zweckverbände der um die Tagebaue gelegenen Kommunen, sowie die Landschaftsplanträger (also die Kreise und kreisfreien Städte).
Ergebnisse der Workshops
In dem ersten Termin (Workshop 1) haben die Akteure ihre bestehenden und für den Biotopverbund relevanten Konzepte eingereicht und Daten in die Erstellung des Konzeptes eingespeist. Dadurch konnten möglichst alle 23 relevanten Konzepte und Datensätze im Grundlagenkonzept berücksichtigt werden. In dem zweiten Termin (Workshop 2) wurden die ersten Ergebnisse vorgestellt. Die Konzeptentwicklung profitierte dabei von Anmerkungen zu den Zwischenergebnissen, verbunden mit dem Ziel, Lücken zu schließen. Darüber hinaus wurden Arbeitskreistreffen mit den Naturschutzverbänden und den biologischen Stationen organisiert. In dem dritten Termin (Workshop 3, Juni 2023) wurden die Endergebnisse dargestellt und der Endbericht von der Planungsgesellschaft an die Auftraggeber übergeben.
Das Konzept
Diese Datensammlung und -diskussion war eine Mammutaufgabe, wenn man bedenkt, dass das Rheinische Revier mit seinen fast 5.000 km² Fläche sieben Landkreise und kreisfreien Städte umfasst, innerhalb der Region zwischen Aachen im Westen, Düsseldorf im Nordosten und Köln im Südosten. Die Braunkohlenlagerstätte selber umfasst die Hälfte dieser Fläche. Neben der Braunkohle wurden und werden weiterhin große Mengen an Kies und Sand im Revier abgebaut, teilweise als Abraum oberhalb der Kohle, teilweise in zusätzlichen Flächen.
Um eine Untersuchung innerhalb der vorgesehenen Zeit durchzuführen (nur sieben Monate), wurde der Fokus zuerst auf das Rheinische Kernrevier gerichtet. Der Kern des Rheinischen Reviers definiert sich durch die Gebiete von 21 Kommunen in der genannten Region. Dies entspricht einer Fläche von etwa 1.500 km².
Nur eine sehr kleine Fläche dieses Gebietes (ca. 5 %) ist bisher in Naturschutz- und FFH-Gebieten gesichert.
Für weite Flächen bestehen schon Begehrlichkeiten, sie für den Strukturwandel zu nutzen, also Infrastrukturen, Siedlungs- und Gewerbegebiete hier auszuweiten. Teile dieser Flächen haben die Naturschutzverbände und das LANUV jetzt als Biotop-Verbundflächen für den Natur- und Artenschutz vorgeschlagen.
Viele der erarbeiteten Vorschläge zum verbesserten Biotopverbund stammen aus Stellungnahmen verschiedenster Organisationen zum geänderten Regionalplan Köln, siehe Bild 3.
Innerhalb des erarbeiteten Verbundkonzeptes wurde auch eine realistische Konfliktanalyse durchgeführt mit der Vielzahl der Konflikt-Akteure wie Landwirtschaft, Jagd und Fischerei, Energie, Wasserwirtschaft, Tourismus, Gewerbe- und Industriegebiete, Siedlungen.
Beispiel: Gerade dort, wo große zusammenhängende landwirtschaftliche Flächen intensiv genutzt werden, fordern die Naturschutzverbände, aber auch das Landesamt LANUV und die Naturschutzbehörden, den Biotopverbund zu stärken, um aussterbenden Vogelarten, auch anderen Tieren und Pflanzen eine positive Ausbreitung zu ermöglichen. Das führt natürlich zu Konflikten.
Aktuell, im Januar 2025, startet das Umweltministerium NRW im Rheinischen Revier einen Förderaufruf „Ökosystemverbund Rheinisches Revier“. Es können Flächenvorschläge und Projektskizzen eingereicht werden, wo und wie die Naturschutzverbände und andere Akteure ökologische Verbundflächen für den Naturschutz sichern können, mit finanzieller Unterstützung des Landes.
Ich fasse zusammen: Der zweimal vorgezogene Ausstieg aus der Kohleverstromung (also schon bis 2030!) bedeutet für das Rheinische Revier eine große Herausforderung und eine Jahrhundertchance, für die sich die gesamte Region neu aufstellt. Das Biotopverbundkonzept für das Rheinische Revier zeigt viele Möglichkeiten auf, den anstehenden Strukturwandel auch im Sinne der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen neu zu gestalten.
Es bleibt noch viel zu tun, packen wir es an!
von Reinhard Radloff (2025)
Quellen:
[1] BR Köln/Bearbeitung MUST Städtebau GmbH (15.9.2021): Fachbeitrag zur Neugestaltung des Regionalplans Köln, „Einbindung des Rheinischen Reviers in die räumliche Entwicklung der gesamten Planungsregion Köln“, Seite 16, Zielbild Natursystem: bis 2038
[2], [3] Gesellschaft für Umweltplanung und Umweltplanung, Bonn, 19. Jan. 2024, Bericht zum Projekt „Ein Biotopverbundkonzept für das Rheinische Revier“